Par Christelle Grangier
Le Radeau nimmt Personen auf, die vom Weg abgekommen sind. In seiner Backstube wird nicht nur Brot geknetet, es wird auch das Selbstbewusstsein in Form gebracht.
Im alten, renovierten Bauernhof, in dem Le Radeau untergebracht ist, erledigen die zwölf Bewohnerinnen und Bewohner jeden Tag die verschiedenen Aufgaben, die ihnen aufgetragen wurden. Seit ihrer Gründung 1982 nimmt die Institution in Orsonnens Personen auf, die eine Suchtproblematik aufweisen, und bietet ihnen eine stationäre Therapie an. Alle kneten am Teig mit, entweder in der Verwaltung oder in der Bäckerei selbst. Wir werfen einen Blick auf die Institution – zusammen mit Emmanuelle Barboni, der Direktorin der Institution, und Olivier Schmutz, dem für die Bäckerei zuständigen Werkstattlehrer.
Eine Arbeitsatmosphäre schaffen
Bei seiner Ankunft im Radeau profitiert jeder Bewohner von einem auf seine kognitiven und psychischen Fähigkeiten abgestimmtes Programm, das auch die Belastbarkeit und Stressresistenz berücksichtigt. Während die einen in der Küche und im Haushalt Aufgaben übernehmen, arbeiten fünf Bewohner und zwei externe Fachpersonen in der Bäckerei. Bäckereihosen, weisses T-Shirt und Haube sind äusseres Zeichen für die Professionalität, die in der Bäckerei an den Tag gelegt wird. In einem sicheren Rahmen fassen die vom Leben Versehrten wieder Vertrauen, indem sie ihre Fähigkeit zugunsten von anderen nutzen.
Gemeinnützigkeit
Die als gemeinnützig anerkannte Institution steht unter den Fittichen des Kantons Freiburg. Geführt wird sie von der ausgebildeten Psychologin Emmanuelle Barboni. Ihr Ziel ist es, das Potenzial jedes einzelnen Bewohners abzuholen und zu nutzen. Le Radeau ist als Verein konstituiert und funktioniert mit einem ehrenamtlichen Verein, der von Pierre-Alain Clément präsidiert wird. Die Bäckerei ist gleichzeitig ein Produktionsmittel und ein sozialpädagogisches Werkzeug. Olivier Schmutz begleitet die Bewohner beim Wiedereinüben der Fähigkeiten und Kompetenzen als wohlwollender Pädagoge.
Sich auf den Weg in die Selbständigkeit machen
Vier Schritte rahmen ihren Aufenthalt in der Bäckerei ein: zuerst eine Phase der Akklimatisierung, dann die Arbeit am Tisch, dann die Arbeit am Backtrog und schliesslich jene am Ofen. Die Bewohnerinnen und Bewohner, die sämtliche Etappen in der Bäckerei absolviert haben, bringen den letzten Tag in der Produktion ganz ohne Unterstützung des Werkstattmeisters hinter sich. Während bei einigen die Begeisterung stetig zunimmt – Le Radeau hat bereits EBA-Lehrlinge ausgebildet –, schaffen es andere nicht bis zum Schluss. «Das ist normal und Teil des Prozesses», hält Emmanuelle Barboni fest. Jeder geht seinen Weg, einige haben nach ihrem Aufenthalt im Radeau sogar eine Lehre in einer Bäckerei angefangen.
Unter allen Umständen funktionieren
Der Bäckerei- und Werkstattmeister Olivier Schmutz wacht über die Qualität. Trotz des ständigen Wechsels der Mitarbeitenden und unvorhergesehener Ereignisse strebt er eine Konstanz in der Produktion an. Auch wenn es Unwägbarkeiten und Schwierigkeiten gibt: Die Kundschaft steht auf die Produkte und will sie haben. «Die ständig wechselnden Umstände sind ein zusätzliches Element, das es zu beachten gilt. Man muss zudem wissen, dass die Arbeit am Ofen die heikelste Etappe darstellt. Das Backen ist eine Kunst für sich, ganz besonders mit dem Holzofen. Man muss diese Kunst erlernen und verinnerlichen.» Für Olivier Schmutz geht es darum, ein Gleichgewicht zu finden zwischen dem sozialen Auftrag des Radeau, dem Wohlergehen der Bewohnerinnen und Bewohner und dem kommerziellen Aspekt.
Auf den Märkten
Im Holzofen gebackenes Brot, Feingebäck – die artisanalen Erzeugnisse des Radeau sind weit herum bekannt. Seit vielen Jahren betreibt die Institution dreimal pro Woche einen Stand an den Märkten in Bulle – am Donnerstag – und Freiburg – am Mittwoch und am Samstag –. Der an die Backstube angrenzende Laden verwöhnt die Bewohnerinnen und Bewohner von Orsonnens dienstags, mittwochs und freitags jeweils ab dem späteren Nachmittag mit feinen Produkten.
Sauerteig und Holzfeuer
In der Auslage des Radeau findet man zahlreiche Brotsorten, die meisten davon wurden auf der Grundlage von natürlichem Sauerteig produziert, sämtliche Brote werden im Holzofen gebacken. Die Brote sind lange haltbar! «Unser Brote sind ein bisschen weniger knusprig oder weniger aufgegangen – sie entsprechen damit nicht vollumfänglich dem Standard» – Olivier Schmutz legt Wert auf diese Besonderheiten: «indem wir andersartige Produkte anbieten, etablieren wir uns nachhaltig auf dem Markt.» Feingebäck und Flûtes werden übrigens in verschiedenen Detailhandelsgeschäften verkauft. Einmal pro Woche liefert Le Radeau auch die Brote für die Körbe von CroQu’terre.
Zertifizierungen
Neben den traditionellen Halbweiss-, Schwarz-, Bauern-, Nuss- oder Getreidebroten führt Le Radeau auch das Cuchaule AOP, saisonale Spezialitäten oder Kleingebäck wie Schokoladenbrot oder Nussschnecken im Sortiment. Das Radeau bietet übrigens zahlreiche von Terroir Fribourg zertifizierte Produkte an: Anisbrot, Guetzli mit Hagelzucker, Guetzli mit Vin cuit, Salz- oder Leindotterflûtes, Sauerteigbrot und Züpfe.
Der Produktion einen Sinn geben
Der Zertifizierungsschritt krönt einen Weg, der vor ein paar Jahren eingeschlagen wurde und sich dadurch auszeichnet, dass möglichst natürlich und regional produziert wird. Das Mehl – eine Tonne alle zwei Wochen – wird von der Mühle Romont geliefert. Einige spezielle Mehlsorten werden in der Ferme de la Tourbière in Sommentier gemahlen, und der Leindotter legt vom Betrieb von Jean-Marc Pittet in Villarlod nur ein paar wenige Kilometer zurück. Sämtliches Fett wurde ersetzt durch die Butter aus der Molkerei Gumefens oder durch Schweizer Pflanzenöl. Bauernhöfe aus der Region liefern Eier, Milch oder Colostrum. «Die Zertifizierung bestätigt die Herkunft und wertet die Produktion auf.»
Christelle Grangier, 2021
Page membres : Le Radeau Orsonnens
Site internet: http://www.leradeau.ch/
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parallele.ch & techniconcept.ch
Übersetzung : Trait d’Union, Bern